Hallo Uschi,
ich versuche es mal für Ketzelsdorf (Koclírov) darzustellen. (Meine Vorfahren kamen zum Teil aus diesem Ort.)
Übernahme
Unmittelbar nach dem Kriegsende wurde der gleiche tschechische Polizist im Ort eingesetzt, der bis 1938 dort bereits Dorfpolizist war. Die deutschen Bewohner wurden bald in einem Lager zusammengefasst. Die Häuser und Bauernhöfe waren damit leer. Wer nun als Neusieder kam, suchte sich einfach aus, was er wollte. Wer zuerst kam, schnappte sich in der Regel einen großen Vierkanthof - und holte von den Nachbarhöfen, das, war er zu brauchen meinte. Wer zum Schluss kam, für den blieb eben nur ein kleines ausgeräumtes Ausgedinge (kleines Häuschen als Altenteil). In Ketzelsdorf gab es noch eine Besonderheit: Dort wurde versucht, Griechen oder Jugoslawen anzusiedeln. Deren Beziehung zu Ketzelsdorf war sehr gering. Sie verschwanden bald wieder.
Wirtschaftlicher Umbruch
Häufig hatten die Neuankömmlinge keine landwirtschaftlichen Erfahrungen. Deshalb wurden 1945/46 noch die ehemaligen deutschen Bewohner zur Arbeit auf den Bauernhöfen abkommandiert. Aber ab 1947 waren viele Neuankömmlinge mit ihrem neuen Besitz vollkommen überfordert. Ihnen fehlten auch die speziellen Kenntnisse über die lokalen Gegebenheiten (z.B. Bodenbeschaffenheiten). Es gab keine eingespielten Bauernwirtschaften (Bauer, Knechte, Handwerker) mehr. Deshalb litten die großen Höfe besonders. Wurde anfangs noch von der Substanz gelebt, wurde bald "auf blanken Verschleiß gefahren".
Zwangskollektivierung
Die
Zwangskollektivierung setzte in der Tschechoslowakei früher ein als z.B. in der DDR. Die Neuankömmlinge hingen auch weniger an ihrem Neubesitz als Bauern im Böhmischen (tschechisches Kernland). Manche waren auch froh, dass ihr persönliches Bauernexperiment schnell wieder zu Ende war. Die großen Stallungen und die Felder, Wiesen und Waldstücke wurden Teil der Kolchose. Damit waren sie de facto ein zweites Mal enteignet. Die Ernteerträge gingen durch die Zwangskollektivierung weiter zurück. Nebenbei fehtle es an Baumaterial und der Bindung zum neuen Wohnort. Viele große Höfen verfielen recht schnell und wurden als Steinbruch genutzt. Kleinere folgten.
Katastereintragungen
Ich kann weder sagen, wann die Eintragung der neuen Besitzer ins Kataster erfolgte - noch welche Geldsummen sie an den tschechischen Staat zu zahlen hatten.