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Inwohner - welchen Status hatten die?
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Olaf |

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Inwohner - welchen Status hatten die?.
Verfasst am: 24.03.2010, 15:15
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Hallo in die Runde,
bei meinen Forschungen stolpere ich gelegentlich über die Standes-/Berufsbezeichnung: "Inwohner".
Dies ist dann manchmal ein Bruder, der bei der Erbfolge leer ausgegangen ist. Offensichtlich blieb der Bruder (Inwohner) dann auf dem Hof, heiratete und gründeten eine eigene Familie.
Nun meine Frage zur Praxis: War der Inwohner eher eine Art "Edel-Knecht", der mit seiner Familie am gemeinsamen Tisch des Bauern saß?
Oder wirtschaftete der Inwohner auf eigene Rechnung auf dem Bauernhof (und hatte er eine eigene Küche)?
Der gemeinsame Tisch:
+ Vorteil: es geht auch bie Hungersnöten gerechter zu,
- Nachteil: die Schwägerinnen geraten sich häufiger in die Haare.
Ich bitte um Aufklärung. Danke.
Viele Grüße Olaf.
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Giselap |
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Aw.: Inwohner - welchen Status hatten die?.
Verfasst am: 25.03.2010, 01:33
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Hallo Olaf,
auch wenn ich mich relativ hinreichend nur mit den Gegebenheiten in der Nordheide (Hamburger Umland Süd) auskenne, so möchte ich mich doch mal an einer näheren Erklärung der Standes- und Berufsbezeichnung Inwohner versuchen, da ich annehme, daß die Verhältnisse im Schönhengstgau ziemlich ähnlich waren:
Also, zunächst einmal gab es zwei "Arten" von Inwohnern (auch Inmann, Einlieger, Inste u.ä. genannt), und zwar
jene, die in der sog. "kleinen Stube" des eigentlichen Bauernhauses wohnten und
jene, die mit den Häuslingen/Altenteilern im Häuslingshaus oder auch Ausgedinge wohnten und zumeist "Backhäuser" genannt wurden, da zu ihren Pflichten u.a. auch die Sorge um das separate Backhaus gehörten.
Allen Inwohnern gemein war, daß sie - wie die Häuslinge auch - "Hauer" also Miete/Pacht, sowie das sog. Verteidigungsgeld (Schutzgeld) an den Grundherrn zu zahlen hatten.
In aller Regel übernahm allerdings der Bauer/Höfner/Kötner/Hufner diese Zahlungen für die Inleute, wofür sie auf dem Hofe arbeiten mußten. Außerdem erhielten sie vom Hausherrn freie Kost in Form von Naturalien (Getreide, Obst, Gemüse, selten Speck oder gar Fleisch), die sie sich dann am Herdfeuer des Hofes zubereiten durften (Natürlich nur zu den Zeiten, in denen die Bäuerin die Feuerstelle nicht selbst benötigte!). In manchen Bauernhäusern gab es auch ZWEI Feuerstellen, was das streßfreie Zusammenleben aller ungemein förderte!!
Manchmal durften auch einige Viecher - zumeist Kleintiere - mit denen des Bauern gehalten werden.
Die bloße Mitbenutzungsmöglichkeit des bäuerlichen Herdfeuers, galt allderings insoweit als "eigene Herdstelle", daß Inleute eine Heiratserlaubnis vom Grundherrn erhalten konnten, Knechte und Mägde aber nicht.
Ein wie auch immer geartetes Verwandtschaftsverhältnis zwischen Bauersleuten, Häuslingen, Inleuten, Knechten und/oder Mägden war zwar häufig, aber durchaus nicht zwingend
Und im übrigen mußte der Grundherr stets seine Zustimmung zur Überlassung von Wohnraum (Herdfeuern) geben
Wer im einzelnen mit den Bauersleuten zu Tisch gehen durfte, war entweder vertraglich (z.B. Altenteiler im Hofübergabevertrag) oder nach "Üblichkeit" geregelt und von Region zu Region sehr unterschiedlich. Allgemein könnte man wohl sagen, je reicher die Region und somit die Bauern, desto unüblicher war ein gemeinsamer Tisch mit den Bediensteten (Knechte, Mägde, Inleute).
Häuslinge waren bei dem Ganzen im wahrsten Sinne des Wortes in soweit außen vor, als daß sie ja ohnehin nicht nur ein "eigenes" Dach über dem Kopf inkl. Herdstelle hatten, sondern dort auch einige eigene Hühner, ein/zwei Schweine, evtl. sogar eine Kuh halten und meistens auch noch über einen kleinen Gemüsegarten meist mit Obstbaum verfügen konnten.
Alle Klarheiten beseitigt?
Ich hoffe, dieser kleine Exkurs ins bäuerliche Leben beantwortet Dir Deine o.a. Frage, ohne allzu große Verwirrung zu erzeugen!!
Nächtlicher Frühlingsgruß aus Hamburg,
Gisela
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Sturma |

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Aw.: Inwohner - welchen Status hatten die?.
Verfasst am: 26.03.2010, 13:21
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Lieber Olaf,
der Status des Inwohners ist nicht so einfach zu erklären, denn er konnte durchaus zu allen sozialen Schichten gehören. Ein Inwohner ist auf jeden Fall jemand, der keinen eigenen Besitz hat. Damit steht er in den Klassen der Besitzenden ziemlich weit unten. Inwohner ist eine Klassenbezeichnung, keine Berufsbezeichnung, wie z.B. Tagelöhner.
Bei Inmännern. Inwohnern oder Inleuten handelt es sich um Personen, die irgendwo zur Miete wohnten, damit aber oft einen eigenen Haushalt führten. Es waren entweder Personen, die es nie zu eigenem Besitz gebracht hatten (was wohl die Mehrzahl der Inwohner zutrifft), oder solche, die noch keinen eigenen Besitz hatten, wie z.B. die Hoferben, die oft als Inwohner bezeichnet werden, wenn sie verheiratet waren, mit der Familie auf dem Hof wohnten, der VAter den Besitz aber noch nicht abgetreten hatte. Sie waren in diesem Falle besitzlos, aber mit einer Anwartschaft auf den Hof. Sollte also im Kirchenbuch einmal "Inmann" stehen, wo man eigentlich Bauer, Gärtler etc. erwarten würde, so soll man sich davon nicht abschrecken lassen.
Häusler waren solche Personen, die ein eigenes Haus hatten, aber i.d.R. kein Land. Es folgen die Klein- und Großgärtler, Kleinbauern, Bauern, oder wie auch immer sie in den verschiedenen Gegenden des Schönhengster Landes zu den unterschiedlichen Zeiten in den verschiedenen Quellen genannt werden.
Die Verhältnisse im Schönhengster Land waren im Vergleich zu vielen anderen Gegenden insofern einfacher, als die Personen frei waren und der Grundherrschaft nur in wenigen Fällen verpflichtet. Sie konnten ihren Besitz mit der formellen Erlaubnis der Grundherrschaft z.B. verkaufen. oder anderen Besitz erwerben, wie man sehr schön an den Eintragungen in den Grundbüchern sehen kann.
Die Verhältnisse z.B. in Norddeutschland sind ungleich komplizierter, da sie von den verschiedenen Variationen der Grundherrschaft und der Leibeigenschaft und Erbuntertänigkeit abhängen. Die Besitzklassen sind je nach Region sehr unterschiedlich, sowohl, was die Bezeichnung angeht, als auch die Größe des Besitzes betreffend.
_________________ Herzliche Grüße
Jürgen (Sturma)
Moderator für Hohenstadt, Müglitz und Umgebung
Ortsberichterstatter für Ohrnes und Rippau
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FUCHS |
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Aw.: Inwohner - welchen Status hatten die?.
Verfasst am: 30.03.2010, 01:03
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Im Taufbuch Chirles 1873-1896 fällt mir auf, dass bei den Eintragungen bez. Chirles die Berufsbezeichnung "Bauer" in Chirles nicht verwendet wird. Ein- oder zweimal wird der Begriff "Ökonom" verwendet. Der Begriff "Bauer" wird aber durchaus bei Personen verwendet, die nicht in Chirles leben. Warum?
Ist der Erbgerichtsbesitzer gleichzeitig immer auch der Erbrichter?
Weiß jemand, welchen "Dienstplan" die Hebammen hatten? In Chirles sind Hebammen aus Chirles, Ohrnes, Rippau, Mürau, Unterheinzendorf tätig.
Nebenbei: Gibt es Aufzeichnungen von Hebammen?
Wie wurde man eigentlich Hebamme? Wurde man nur angelernt oder gab es da eine Ausbildung?
Stand die Hebamme Theresia Drescher, Ohrnes 36 in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zur Hebamme Johanna Wolf, verehelichte Hekele?
Was genau verstand man unter einem Ansiedler?
Ist Nieder-Busele ident mit Unter-Busele?
Wurden Totgeburten, bei denen das Kind ohne Name blieb, innerhalb oder außerhalb des Friedhofes bestattet?
Viele Fragen, vielleicht bekomme ich aber viele Antworten?
Grüße aus Wien
Christian Fuchs
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Sturma |

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Aw.: Inwohner - welchen Status hatten die?.
Verfasst am: 30.03.2010, 07:25
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Guten Morgen Christian,
also ein Ansiedler ist jemand, der einen Hof erworben hat, der aus der Zerstückelung der obrigkeitlichen Ländereien (den Meierhöfen) entstanden ist (Nieder- und Oberwaldsee, Neumoletein, Chrises, Heinzhof tec.)
Der Erbgerichtsbesitzer ist bis etwa 1845 auch der Erbrichter.
Nieder-Busele ist Unter-Busele.
Rusticus, Bauer, Wirtschafter, Ökonom etc, wird von den Pfarrern unterschiedlich zu unterschiedlichen Zeiten benutzt. Ich habe mit den entsprechenden Zeitraum im KB Moletein noch nicht angeschaut.
Zum Rest habe ich z.Zt. keine Antwort.
_________________ Herzliche Grüße
Jürgen (Sturma)
Moderator für Hohenstadt, Müglitz und Umgebung
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Olaf |

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Aw.: Inwohner - welchen Status hatten die?.
Verfasst am: 26.04.2010, 22:14
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Hallo Gisela und Jürgen,
vielen Dank für Eure Antworten. Sie brachten "Licht ins Dunkel".
Herzliche Grüße
Olaf
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