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Berni Rula 1654 (Steuerrolle)
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Herbert Gerlich

Foren-Profi

Beiträge: 265
Anmeldedatum: 24.12.2007
Wohnort: Frankfurt am Main
Beitrag Berni Rula 1654 (Steuerrolle). Verfasst am: 01.01.2015, 18:13    
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Hallo an alle Leser,
die Kirchenbücher von Zwittau und Umgebung (digitalisiert von den Mormonen) beginnen bekanntlich um 1600.
Hat jemand Erfahrung mit den o.g. Steuerrollen und kann mir folgende Fragen beantworten:
- Was beinhalten diese?
- Gehen die Inhalte auch in die Zeit vor 1600 zurück?
- Welche Nummer beinhaltet Zwittau und Umgebung?
- Nach Angaben hier im Forum ist die Ausleihung über "Fernleihe" möglich: Gibt es Hinweise hierüber?
Schon jetzt besten Dank für Eure Hilfe!
Ein frohes, gesundes und erfolgreiches (Forscher-) Jahr wünscht
Herbert
_________________
Herbert Gerlich
D 60388 Frankfurt am Main
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Werner

Foren-Profi

Beiträge: 264
Anmeldedatum: 13.08.2008
Wohnort: Wien
Beitrag Aw.: Berni Rula 1654 (Steuerrolle). Verfasst am: 01.01.2015, 18:41    
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Hallo Herbert,

Ich habe mich ein wenig nit den alten Bevölkerungszählungen befasst. Dabei habe ich mich aber auf Rudelsdorf bei Landskron beschränkt und die verfügbaren Unterlagen verarbeitet. Darüber ist ein Artikel in den "Schönhengster Nachrichten" erschienen.



Rudelsdorf: Einwohner nach dem Dreißigjährigen Krieg

Von Dr. Werner Switil (E-Mail: werner.switil@utanet.at)


Im Dreißigjährigen Krieg wurde Rudelsdorf von kriegerischen Handlungen nicht so stark betroffen, wie die deutschen Länder. Aber dennoch hat der große Krieg den Bewohnern von Rudelsdorf viel Leid gebracht und hat vieles von Grund auf verändert.

Rudelsdorf hatte vor dem Krieg 42 Bauernhöfe und einige Gärtnerwirtschaften. Dies ist dem „Urbar“ von 1568 zu entnehmen, welches der Grundherr Wratislaw von Pernstein aufnehmen ließ, um sich einen genauen Überblick über alle Einnahmen zu verschaffen, mit denen er rechnen konnte und die er und seine Gattin Maria Manrique de Lara für den Bau des neuen Pernstein Schloss in Leitomischl benötigte. Auch für Rudelsdorf in der Herrschaft Landskron-Landsberg der Adelsfamilie von Pernstein wurde ein „Urbar“ (vereinfacht in Form eines bloßen Einnahmenregister) aufgestellt. Für jedes Gehöft und die bewohnende Familie, wurde der Erbzins in böhmischen Groschen und Denaren bemessen und die Leistungen an den Grundherren in Geldwert angegeben.

Das „Rudelsdorfer Urbar“ von 1568 vermittelt ein gutes Bild der Zustände im Dorf vor dem großen Krieg und nennt erstmals abgabepflichtige Familienvorstände. Der Ortschronist Oberlehrer Ferdinand Jandl hatte zu Beginn des 20. Jh. noch die Möglichkeit in diesen Unterlagen und in den Grundbüchern dieser Zeit zu forschen und konnte einen regen Besitzwechsel während und nach dem Krieg feststellen.

An 15 Bauernhöfen und einer Gärtnerwirtschaft lassen sich die Spuren der Verwüstung verfolgen. Höfe wurden niedergebrannt, ausgeraubt, die Bauern erschossen oder erschlagen, nur manche konnten fliehen. In 22 von 42 Fällen stellte der Ortschronist am Kriegsende völlig andere Besitzer als im Jahr 1620 fest. Ein Vergleich mit dem Urbar von 1568 zeigt, dass einige alteingesessene Rudelsdorfer Familien ihren Besitz zwar in ihren Familien halten konnten, aber daneben tauchen auch viele neue Namen auf. Es waren dies wahrscheinlich die früher sozial so tiefstehenden Inleute, die nicht einmal der Aufzeichnung in Büchern der Grundherren für wert gehalten wurden. Diese neuen Besitzer sind meist auch Rudelsdorfer gewesen oder aus diesem oder jenem deutschen Nachbardorf gekommen.

Wer waren aber die Einwohner von Rudelsdorf nach dem Dreißigjährigen Krieg? Antwort geben einerseits die Seelenliste 1651 und andererseits die Berni Rula 1654.

Unter einer Seelenliste versteht man ein Einwohnerverzeichnis einer Ortschaft. Die erste Liste wurde im Jahr 1651 erstellt und diente der Erfassung der Einwohner nach dem Glauben (Soupis poddaných podle víry), um den Stand der Gegenreformation festzustellen. In der Liste steht, wer der Haushaltsvorstand war, wie die Frau und die Kinder hießen, ob es Knechte und Mägde gab, Inleute im Haus lebten usw. Daneben wird oft auch das Alter der Bewohner angegeben. In Rudelsdorf in der Herrschaft Landskron, die nun der Adelsfamilie von Liechtenstein zugehörig war, wurde das Einwohnerverzeichnis im April 1651 vom Landskroner Gutsverwalter Lorentz Sebestian Tödtenwolff erstellt. Seine Tätigkeit wurde wegen Schnelligkeit und Genauigkeit gelobt. Aber wie es damals so üblich war, mangelte es bei der Rechtschreibung, viele Namen sind beispielsweise nur phonetisch geschrieben. Es ist zu bezweifeln, ob auch tatsächlich alle Kleinhäusler und kleine Gärtner erfasst wurden.

Unter der Berni Rula versteht man die Erfassung steuerpflichtiger Untertanen in einer Steuerrolle. Zum ersten Mal ordnete dies die Böhmische Krone im Jahr 1654 an. In allen Städten und Dörfern Böhmens sollte nach den Wirren des Krieges die besitzständige Landbevölkerung mit deren zu versteuerndem Besitz erfasst und in tschechischer Sprache dokumentiert werden. Im Berni Rula 1654 werden aber nur die Namen der Familienvorstände angegeben und nicht die zusätzlichen Bewohner, wie es in der Seelenliste der Fall ist. Dafür werden bei Bauern und Gärtnern deren Anzahl und die Größe der Höfe ausgewiesenen sowie das Ausmaß des bearbeiteten Land. In Rudelsdorf sind damals 35 Bauern und 12 „Gärtler“ mit steuerbaren Boden erfasst worden. Die Zahl der kleinen Gärtner und der Kleinhäusler, wird nicht angegeben, ebenso wie jene der Chalupner und jener Inleute, die meist eine eigene Hütte oder eine solche in Pacht hatten.

Nachstehende Tabelle ist ein Versuch Namen von Einwohner aufzuzeigen, die nach dem Dreißigjährigen Krieg in Rudelsdorf lebten und die in der Seelenliste 1651 oder den Steuerrollen von 1654 bzw. 1675 vorkommen.

Diese Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit kann nicht gewährleistet werden. Sie soll nur jenen Ahnenforschern helfen, die Vorfahren kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieg in Rudelsdorf vermuten. Sie ist mehr oder weniger eine punktuelle Bestandsaufnahme (1650-1675) und kann nicht den Zuzug von neuen Bewohnern, der danach erfolgte, wiedergeben.

Nicht zu vergessen ist, dass laut Berni Rula 1654 weit weniger als 60 % des Bodens mit Getreide bestellt wurde, knapp über 10 % Weideland war oder selten bebaut wurde. Der Rest, fast 1/3 der früher bewirtschafteten Fläche lag brach, da es an Arbeitskräften und Zugtieren mangelte. Es gab also in Rudelsdorf noch genügend Platz für neue Einwohner nach 1650.

(Quellen: „Geschichte von Rudelsdorf und seiner Grundherren“ von Dr. Werner Switil, 2010, „Heimatbuch Gemeinde Rudelsdorf“ von u.a. Ferdinand Jandl handgeschrieben, 1925)
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Jan Hardy

Foren-Nutzer

Beiträge: 80
Anmeldedatum: 05.09.2010
Beitrag Aw.: Berni Rula 1654 (Steuerrolle). Verfasst am: 01.01.2015, 22:45    
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Hallo Herbert,

Zwittau wirst Du wohl in der Berni Rula nicht finden, da diese Steuerrolle für Böhmen erhoben wurde.

Für Mähren gab es etwas ähnliches, was aber wohl noch nicht so umfangreich erschlossen und ausgewertet wurde wie die Berni Rula.

http://www.familienkunde.at/Genealogie_Grundkurs_Quellen.htm


Aber auch die Berni Rula ist noch nicht komplett erschlossen,

http://www.ahnenheidrich.de/pdf-berni-rula/

u.a. hier kann man entnehmmen für welche Gebiete man bislang die Publikationen dazu, erwerben oder bestimmt auch per Fernleihe ausleihen kann.

Ich selbst wäre sehr an der Landskroner Ecke interessiert, auf der Übersichtkarte Gebiet Nr. 3 Chrudimsko als Publikation geplant als Band 16 und 17 aber wohl nie, oder noch nicht veröffentlicht.

Beste Grüße und allen ein Gutes Neues Jahr

Jan
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Herbert Gerlich

Foren-Profi

Beiträge: 265
Anmeldedatum: 24.12.2007
Wohnort: Frankfurt am Main
Beitrag Aw.: Berni Rula 1654 (Steuerrolle). Verfasst am: 02.01.2015, 11:29    
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Hallo Werner, hallo Jan,
vielen, vielen Dank für die ausführlichen Hinweise und Antworten auf meine Fragen!
Da ich aber auch in Böhmen (Pilsen-Nähe) forsche, werde ich mich mal dort "umsehen".
Herbert
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Herbert Gerlich
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