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Gebräuchliche Zweitnamen?
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Dieter Spangler |
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Gebräuchliche Zweitnamen?.
Verfasst am: 23.09.2007, 09:46
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Meine Mutter wurde 1921 in Dittersbach/Stasov als Tochter des Josef Neudert und seiner Frau Kristina Federsel geboren. Jetzt ist mir im Zuge meiner Nachforschungen ein für mich merkwürdiger Zustand bekannt geworden. Es soll zu der damaligen Zeit üblich gewesen sein, Personen anders zu nennen. Mein Großvater Josef Neudert, der gemäß Geburtsurkunde meiner Mutter in Dittersbach Hausnummer 172 wohnte, wurde Voit Seppl gerufen. Nun las ich in der September Ausgabe der „Schönhengster Heimat“ unter den Dittersbacher Nachrichten Glückwünsche zum kommenden Geburtstag meiner Mutter. Dort steht geschrieben: "zum 86. Geburtstag am 31.10. Ottilie Spangler (Voit Christin Otti)......" Das erscheint mir sehr merkwürdig. Kann mir jemand vielleicht erklären was es bedeutet oder bedeutet hat, das Personen anders genannt wurden? Wo ist ein Zusammenhang zwischen Neudert und Voit? Woher wissen die Damen und Herren der „Schönhengster Heimat“ zwischen diesen Namen? Ich bin sehr neugierig welche Zusammenhänge diesbezüglich bestehen.
Liebe Grüße aus Schwetzingen
Dieter Spangler
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Giselap |
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Gebräuchliche Zweitnamen? = Hofnamen!.
Verfasst am: 23.09.2007, 15:29
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Hallo Herr Spangler,
ich bin zwar keineswegs die Expertin für Hofnamen im Schönhengstgau, kenne mich aber sehr gut mit den Hofnamen, ihrer Entstehung und ihres Gebrauches in nördlichen Niedersachsen aus und nach meinem bisherigen Kenntnisstand sind die Unterschiede im Bereich der Hofnamen nicht sehr groß.
Also, ungefähr zu Beginn des 15. Jahrhunderts begann man, den einzelnen Höfen eines Dorfes Namen zu geben, die zunächst entweder auf den damaligen Besitzer (Vorname, später auch Nachname, Gestalt, Aussehen, besondere Fähigkeiten), seinen ausgeübten Beruf oder Stand (z.B. Schmied, Schlachter (Metzger), oder Meyer (Mayer/Maier/Meier), Vogt, (Dorf-)Schulze etc.) oder aber auf örtliche Begebenheiten "(im/am) Busch, (im) Eck, zur/auf der Weide, (am) Bach etc. zurückführten. Die letzten Hofnamen im Kirchspiel Elstorf (Nordniedersachsen) wurden z.B. etwa um die spätere Mitte des 19. Jahrhunderts vergeben.
Für uns Ahnenforscher sind solche Hofnamen besonders wertvoll, da sie mit ganz wenigen Ausnahmen für jedes Dorf einmalig und unveränderlich waren/sind, auch wenn die Besitzer/Pächter des Hofes wechselten oder ein Hof über lange Zeit wüst, d.h. unbewirtschaftet war. Stets wurden/werden alle Bewohner eines Hofes, oft einschließlich des Gesindes über den Hofnamen definiert.
Und jeder im Dorf und den umliegenden Ortschaften kannte und kennt die Hofnamen, bzw. weiß manches Mal eher wie jemand in bezug auf seinen Ursprungs-Hof heißt (z.B. "Minkens-Mudder" wie meine Urgroßmutter) als daß er den Taufnamen (in diesem Fall Maria Elisa Detjen, die ihren "Dorfnamen" sogar über den Stammhof ihres Ehemannes Johann Friedrich Wentzien in Trelde 2 "Minkens" erhalten hatte), kennt, obwohl das Ehepaar selbst schließlich in Ovelgönne 23, einer Abbauerstelle ohne Namen, lebte. Alle Klarheiten beseitigt?
In Ihrem Fall bedeutet also
Zitat: |
Voit Christin Otti |
Ottilie (Otti), Tochter der Christine vom Voits-Hof
Und das wußte im Dorf usw. s.o. wirklich jeder
Ich hoffe, meine obigen Erklärungen helfen Ihnen ein wenig weiter.
Sonnige Sonntagsgrüße aus Hamburg-Fischbek,
Gisela (Peters, geb. Langer oder aber hier im ehemaligen Dorf nur "Erna Wentziens Tochter")
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Thomas |

Moderator
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Aw: Gebräuchliche Zweitnahmen?, Dorfnamen.
Verfasst am: 25.09.2007, 11:08
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Dieter Spangler hat Folgendes geschrieben: |
... Wo ist ein Zusammenhang zwischen Neudert und Voit? Woher wissen die Damen und Herren der "Schönhengster Heimat" zvon diesen Namen? |
Hallo Dieter Spangler,
Gisela hat alles ja schon perfekt erklärt. Vielleicht noch dieses:
1) Wo ist ein Zusammenhang zwischen Neudert und Voit?
Ein Vorbesitzer des Hofes (Hauses) hieß mit Vor- oder Nachnamen Voith. Ich denke einmal, es ist ein Vorname, da er mir schon öfters untergekommen ist. Es kann einen Voith Neudert gegeben haben, der einmal diesen Hof besessen hat. Er kann aber auch ganz anders mit Nachnamen geheißen haben. Z. B. Voith Müller. Von einem Voith ... stammt auf jeden Fall der Hausname! Eine Verwandtschaft ist möglich, aber nicht zwingend.
Ein anderes Beispiel. Im Jahr 1750 kauft ein Adam Miksche einen Bauergrund. Dieser Bauergrund wird forthin „Odum“ (nach Adam) genannt. Generationen später ist schon lange die Famile Haupt im Besitz des Bauerngrundes, nun mit der 1780 eingeführten Hausnummer 43. Ein Johann Haupt, der im Jahr 1923 den Hof übernommen hat, wird im Dorf Odum Hans (Johann Haupt) genannt.
Mein Großvater hieß (heißt) in Blumenau Hierones Seppl (Josef Landsgesell), weil der Hof Hierones hieß (von einem Hieronymus Landsgesell).
Der Vater meines Großvaters hatte übrigens den Namen Franz. Der Hierones Franz (Franz Landsgesell von Blumenau 73, {Hierones}) war also vom Schneider Lorenzn Franz (Franz Landsgesell, Blumenau 45, {SchneiderLorenz}), die zur selben Zeit lebten, unterscheidbar.
Die Hofnamen kamen also meist von einem Vor-, Nachnamen eines Vorbesitzers oder einem Beruf.
Z. B. gab es in Greifendorf 5 Landsgesell Familien, die teilweise nicht miteinander verwandt waren, aber nur einen Landsgesell, der Bauer war. Dieser war dann der Landsgesell Bauer. Der Hofname war „Demel“ (vom Erbhof Demel) wurde aber nicht mehr benutzt. Das ist aber die Ausnahme.
Es gibt also keine feste Regel, sondern diese Dorfnamen sind aus dem Gebrauch entstanden, bis sich irgendwas eingebürgert hat, das sich aber auch wieder ändern konnte.
2) Woher wissen die Damen und Herren der "Schönhengster Heimat" von diesen Namen?
Aus der Erinnerung, aus dem weiter Benutzen des Dorfnamens, aus Ortschroniken. Vielen ist der Dorfname einer Person deshalb heute viel gebräuchlicher als die tatsächlichen Namen und vor allem ist Vielen dann eine Person besser zu einem Haus oder einer Famile ein- und zuortbar.
Mit bestem Gruß
Thomas Landsgesell
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Giselap |
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Vorsicht bei Dorfnamen - etwas zum Schmunzeln.
Verfasst am: 25.09.2007, 13:04
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Hallo Thomas, Dieter S. und alle an diesem Thema Interessierten,
hier noch eine kleine Anekdote aus meinem Leben zu diesem Thema:
In meinem Heimatort Fischbeck (seit 1937 Hamburg-Fischbek) gab es bis weit in die 50er Jahre hinein den Dorfnamen "Kruskopp" und vom jeweiligen Bauern/Besitzer wurde stets nur als "Kruskopp" gesprochen, eigentlicher Hofname war aber "Bäcker-Luten" (=Bäcker-Ludwig), tatsächlicher Familienname seit langer Zeit Wolkenhauer.
Ich muß so ungefähr sechs Jahre alt gewesen sein, so kurz vor meiner Einschulung, und meine Mutter hatte mir stets eingeimpft ja jeden Erwachsenen im Dorf unter allen Umständen zu grüßen, sollte ich jemanden treffen.
Nun, eines Tages also begenete mir der Kruskopp-Bauer auf meinem Weg zum Kaufmann und nicht ahnend, daß dieser liebe Mensch natürlich mitnichten wirklich Kruskopp hieß, schmetterte ich ihm mit meinem freundlichsten Lächeln ein "Guten Morgen, Herr Krauskopf!" über die Straße hinweg entgegen und war schon sehr enttäuscht, daß er mich, statt freundlich zurückzugrüßen, nur so irgendwie komisch ansah.
Kaum wieder zuhause habe ich mich postwendend bei meiner Mutter über den ollen, unfreundlichen Kruskopp-Bauern beschwert; und was soll ich sagen...
Meine Mutter schwankte irgendwie zwischen lautem Loslachen und blankem Entsetzen und brachte schließlich mühsam herraus: "Kind, Du hast doch nicht etwa wirklich Herrn Wolkenhauer mit 'Herr Krauskopf' gegrüßt!?! Ja, weißt Du denn nicht, daß man die Bauern von "Bäcker-Luten" nur dann "Kruskopp" nennt, wenn sie selbst nicht dabei sind??"
Nein, wußte ich nicht Woher auch Hatte mir vorher schließlich niemand gesagt
Eigentlich war ich sogar ziemlich stolz darauf gewesen, das plattdeutsche "Kruskopp" fehlerfrei ins hochdeutsche "Krauskopf" übersetzt zu haben. Leider, leider nur hat "Kruskopp" zumindest im Plattdeutschen zwei Bedeutungen: 1) Lockenkopf 2) verwirrter, nicht ganz ernstzunehmender Mensch; und man sollte also tunlichst niemanden direkt mit diesem Dorfnamen anreden, schon gar nicht einen ziemlich wohlhabenden Großbauern, auch wenn der natürlich wußte, daß aus alter Tradition alle Bauern dieses Hofes hinter vorgehaltener Hand im Dorf nur so genannt wurden.
Tja, und damit mir ein solcher "Fauxpas" nie wieder passiert, haben meine Mutter und Großmutter, mich noch am gleichen Nachmittag in die Geheimnisse der Fischbeker Dorf- und Hofnamen eingeweiht. Und ich war dann anschließend wiederum furchtbar stolz auf mein für eine gerade mal Sechsjährige wohl eher ungewöhnlich umfassendes, neuerworbenes "Insiderwissen"!
Könnte heute noch fast , wenn ich an obige Geschichte denke, auch wenn der Dorfname "Kruskopp" schon längst überhaupt nicht mehr gebraucht wird und auch den Hofname "Bäcker-Luten" allmählich kaum noch jemand benutzt. Wir sind inzwischen hier schon so städtisch, daß der jetzige Besitzer ganz einfach Gerhard Wolkenhauer genannt wird und nur noch unter den Alteingessenen der Zusatz "Bäcker-Lutens-Sohn, Du weißt schon Kruskopp" hin und wieder erwähnt wird. Schade eigentlich!
Sonnige, aber kalte Grüße aus Hamburg,
Gisela (oder Erna-Wentziens-Tochter)
P.S. Übrigens wurde auch mein Vater als "hergelaufener" Vertriebener immer nur über meine Mutter definiert und hieß daher Theo, Erna-Wentziens-Mann. Nur wenige hatten zur Kenntnis genommen, daß sie seit ihrer Heirat Langer hieß. Wer war im "Dorf" schon so ein unbekannter Herr Langer?
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Dieter Spangler |
Foren-Neuling
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Gebräuchliche Zweitnahmen?.
Verfasst am: 28.09.2007, 19:41
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Hallo Gisela, Hallo Thomas,
herzlichen Dank für Eure tollen Erklärungen. Leider habe ich auch auf anteren Wegen von "Dittersbacher" nichts weiter erfahren. Im Gegenteil, alles was mir zu meinen Großeltern zugetragen wurde mich ins Verwirrtsein. Nach den Geburtsurkunden meiner Mutter und deren Geschwister, stammen sie alle aus dem Haus Nr. 172. Nach den Chroniken z.B. von Kimperle, wohnten aber andere Leute dort. Auch ist das Haus mit Nummer 172 an der entgegengesetzen Stelle laut Ortsplan verzeichnet, als es nach Aussagen meiner Mutter und deren Geschwister tatsächlich stand.
Es gibt also noch viel zu forschen. packen wirs an!
_________________ Dieter Spangler aus Schwetzingen
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