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Geschichte der Stadt Zwittau und ihrer Umgebung

Mährisch Trübau

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Beinhaus in Jansdorf entdeckt
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Jansdorfer

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Wohnort: Janov (Jansdorf) u Litomyšle / CZ
Beitrag Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 17:00    
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In Jansdorf laufen umfangreiche Revitalisierungsarbeiten rings um die Kirche. Ein Teil des ehemaligen Friedhofes wird Park, ein anderer Teil wird Urnenhain. Vor einem Monat öffnete einer der Gemeindearbeiter bei Bauarbeiten in der ehemaligen Totenhalle neben der Kirche (dient jetzt teilweise als Wartehäuschen) ungewollt einen Einstieg in ein größeres Gewölbe. Darin befinden sich die Gebeine von (schätzungsweise) hunderten Verstorbenen. Polizei und Archäologe wurden benachrichtigt und entnahmen ihre Proben, wir warten jetzt auf die Expertisen. Inzwischen ist die Geschichte in der Presse gelandet, und gestern war ein Team von TV Nova hier, mit dem ich eine reichliche Stunde verbracht habe. Bereits am Spätnachmittag hatten sie es auf Sendung.
Das Gewölbe liegt mit deckungsgleichem Grundriss genau unter dem ehem. Totenhaus und ist aus Naturstein zu einer Art doppeltem Kreuzgewölbe gefügt. Die Höhe beträgt (geschätzt) etwa 2,20 m. Die Gebeine sind unsortiert - Knochen und Schädel, darunter viele von Kindern, liegen durcheinander zu Hauf. Nach vorläufigen Annahmen des Archäologen datiert er die Gebeine zum 19. bis 20. Jh., das Gewölbe soll barocken Ursprung haben. Bei meiner Besichtigung konnte ich in einer freieren Ecke eine dicke Schicht zerbröselter Knochen feststellen, die sich wahrscheinlich auf der ganzen Bodenfläche, also auch unter den erhaltenen Knochen, befindet. Diese Knochenreste dürften daher wesentlich älter sein. Ich habe auch eine Reihe von Fotos.
Ich bin in der Eile auf keine Quellen oder Erklärungen gestoßen. Natürlich versucht man in diesem Moment, mit Kenntnis von bestimmten Ereignis-Eckdaten eine eigene Theorie aufzustellen. Diese will ich mir hier verkneifen, aber dafür die verzweifelte Frage an alle stellen: WEISS JEMAND ETWAS DARÜBER?
Bis später
Klaus
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Sturma

Moderator

Beiträge: 1261
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Wohnort: Leteln bei Minden/Westf.
Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 17:18    
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Guten Tag Klaus,

das ist eine interssante Geschichte. Vielleicht hilft Dir das Urkataster weiter? Man kann darauf auf dem Kirchhofgelände 2 rechteckige Gebäude auf der südwestlichen Seite sehen. Sie stehen sozusagen in den Ecken.
Hoffentlich funktioniert der link:
http://historickemapy.cuzk.cz/cio/data/cio/2751-1/2751-1-007_index.html
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Herzliche Grüße

Jürgen (Sturma)

Moderator für Hohenstadt, Müglitz und Umgebung
Ortsberichterstatter für Ohrnes und Rippau
www.sturma-online.de
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Baerbel

Foren-Profi

Beiträge: 145
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Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 20:44    
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Hallo Klaus,

das ist eine wirklich interessante Sache.

Es gibt in einigen Regionen Europas Beinhäuser. Häufig dort, wo Knochen im Boden schlecht verrotten oder die Verhältnisse beengt waren (z. B. in engen Bergtälern) und die Friedhöfe dadurch bald an ihre Kapazitätsgrenzen stießen.

Wie sind bei Euch die Bodenverhältnisse? - In kalkhaltigem Boden bleiben Knochen über viele Jahrtausende erhalten.
(Es gibt aus einigen Gebieten Europas vollständig erhaltene Skelette aus der Bronzezeit (ca. 4000 Jahre alt) bzw. sogar aus der Jungsteinzeit (bis zu 7000 Jahre alt).
In kalkarmen Böden sind unverbrannte Knochen nach ca. 25 - 40 Jahren meist vollständig zersetzt (auch die dickeren Schädelknochen, Becken usw.) - zum Leidwesen der Archäologie.

Wenn Eure Böden im Schönhengstgau kalkhaltig sind, kann das ein Anlegen von Beinhäusern erklären. Dann wurden die Toten nach einigen Jahrzehnten ausgegraben um Platz auf dem Friedhof zu schaffen. Die Knochen wurden möglichst pietätvoll in einem Beinhaus gesammelt (Manchmal nach Knochenarten (Schädel nach links - Langknochen nach rechts oder so - sortiert.)
Du schreibst, dass die Knochen wild durcheinander liegen. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Aber es sind ja - wie Du geschrieben hast - Archäologen vor Ort. Sie werden leicht feststellen können, ob die Toten noch im "anatomischen Verbund" dort "deponiert" wurden (dann sind die Weichteile noch nicht vollständig vergangen und die Knochen liegen so, wie sie beim lebenden Menschen zusammengehören = Hinweis z. B. auf ein Massengrab und schnellem "Verscharren" der Toten) oder ob es ein reguläres Beinhaus war - dann sind die Knochen nicht mehr im anatomischen Verbund gewesen als sie eingebracht wurden.

Ist - wie geschrieben - hoch interessant. (Da kommen meine Jahre, die ich Archäologie studiert habe, bei mir durch Zuzwinkern - Ich mag einfach archäologisch bedeutsame Funde und Befunde.)

Halt uns bitte auf dem Laufenden.

Vielen Dank für die Information

Viele Grüße

Bärbel
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Jansdorfer

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Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 21:17    
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Hallo Sturma:
Das "Kaiserkataster" ist mir selbstverständlich bekannt, und auch der Ausschnitt um die Kirche herum. Das südliche rechteckige Gebäude ist das heute noch stehende ehemalige Totenhaus, unter dem sich das Gewölbe befindet. Das zweite Gebäude ist unklar, es ist bereits auf sehr alten k.u.k. Ansichtskarten nicht mehr vorhanden. Jetzt zuckt es gerade in mir: Ob man dort mal graben sollte?

Hallo Baerbel:
Gemessen an dem Wasser, das im Jansdorfer Katastergebiet gewonnen wird, ist der Boder sehr kalkhaltig. Der Untergrund weist viele ausgewaschene Hohlräume auf. Dass die Gebeine nicht im anatomischen Verbund deponiert wurden, ist auch vom Laien zu erkennen.
1762-69 wurde an der Kirche umfangreich gearbeitet, u.a. bekam sie den heutigen Turm (aber mit Barock-Kuppel), es wurde aber auch die Krypta zugeschüttet. Ich nehme an, dass die dort enthaltenen Knochen in das zeitlich parallel errichtete Gewölbe verbracht wurden, was die Schicht der zerfallenen Knochen erklären würde (Gewölbe und Totenhaus werden dem Barock zugeordnet, der hier wohl gegenüber westeuropäischen Regionen zeitlich verzögert einsetzte). Bei den jüngeren, darüber liegenden Gebeinen neige ich auch zu deiner Auffassung, dass sie beim Neuaufschluss von Gräbern entnommen und mangels der Krypta unter dem Totenhaus deponiert wurden. Aber gerade über diese jüngere Vergangenheit habe ich noch keine richtige Quelle gefunden. Einen Zusammenhang mit der Liquidierung des Friedhofes (so nach 1956 bis 60 etwa) schließe ich erst mal aus, da wurde nur die Oberfläche radiert, und ein paar ältere Einwohner wüssten davon.
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Jansdorfer

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Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 21:34    
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Ich würde Euch auch gern ein paar Bilder zeigen, aber aus irgendeinem Grund stellt sich meine URL-Angabe nicht als Link dar (im Profil ist alles entsprechend aktiviert, keine Ahnung). So helft euch mal mit Kopieren:
http://www.janov-sy.cz/informace-o-nalezu-kostnice-pod-cekarnou-ud112.php
Der Text ist nur tschechisch, einfach ignorieren.

Schönen Abend noch an alle.
Klaus
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Jansdorfer

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Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 21:36    
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Oh, funktioniert doch, prima.
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Baerbel

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Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 22:07    
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Hallo Klaus,

wooow, das ist ja genial.

Gebe Dir absolut recht. Das ist kein Massengrab (z. B. aus einer Seuchenperiode) und es sind keine schnell "verscharrten" Toten, sondern ist ein echtes Beinhaus. - Toller Befund.

Leider ist die DNA-Analyse recht teuer und aufwendig. Was würde wohl herauskommen, wenn alle diese Toten auf ihre DNA getestet und daraus "Stammbäume" erstellt werden würden?

Interessant ist auch das mit Backsteinen zugesetzte "Ochsenauge" (ovale Fenster) - Als "Ferndiagnose" würde ich mal vermuten, dass es eine ganze zeitlang offen stand und erst später, vielleicht im 19. oder frühen 20. Jh. zugesetzt und damit verschlossen wurde. Steht im tschechischen Text was dazu? Es sieht auch so aus, als ob vielleicht im Gewölbe selbst Tür- oder Fensteröffnungen später zugesetzt wurden (aber weitaus früher als das Ochsenauge) - kann aber auch schon beim Bau so vogesehen gewesen sein.

Super interessante Sache.

Vielen Dank für die Fotos und Informationen

VG
Bärbel
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Jansdorfer

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Beitrag Aw.: Beinhaus in Jansdorf entdeckt. Verfasst am: 18.08.2011, 22:24    
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Hallo Baerbel,
das Ochsenauge als Beleg für die Barock-Zugehörigkeit ist das kleinste Problem. Das wurde in den 60er Jahren beim Umbau des Gebäudes (ein Teil Wartehäuschen, ein Teil Gerümpeldepot) zugemauert. Kein Vorkriegs-Maurer hätte so eine schlampige Arbeit geleistet Schockiert Es soll übrigens wieder geöffnet werden.
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